Ich bin Abonnent der Zeit (immer noch!) und entschloss mich irgendwann, Zeit online nicht mehr zu lesen. Dass ich gestern morgen dann doch die Website öffnete, lag daran, dass ich im Premiumbereich mal kurz etwas nachschauen wollte. Es ging also nur husch, husch auf der Hauptseite vorbei. Meine Aufmerksamkeit lag woanders. Dennoch speicherte mein Hinterkopf ab: irgendwie anders.


Gut gemacht. Weitermachen

Später las ich dann im Feedreader eine Nachricht der Redaktion: „Die Site ist nun insgesamt kompakter, sowohl die Homepage und ihre Unterseiten, als auch die Artikel. Wichtigste Neuerung der Homepage ist links oben das Feld ‚Exklusiv‘ für Ankündungen neuer Projekte.“ So nüchtern hat das bislang nie geklungen. Früher konnte man bei der Verkündung von Verschlimmbesserungen quasi die Hand im Schritt spüren. Brrr.

Genauso bescheiden, wie diese Meldung ausfällt, ist dann auch das Site-Lifting gelungen. Zeit online blieb auch gar nichts anderes übrig, als in kleinen Schritten vorzugehen. Der Onlineauftritt der Zeit ist derart abgestempelt, dass jeder größere Relaunch verrissen worden wäre.

Mit diesem Weg der kleinen Schritte kann man beim Leser nun wieder Akzeptanz gewinnen – Stück für Stück. Geht ein Schritt mal in die falsche Richtung, lässt sich dieser schnell korrigieren. In diesem Fall ging es in die richtige Richtung: die vielen fisseligen Linien bzw. Kästen sind endlich weg. Das war mir stets unverständlich: Die gedruckte Zeit hat irgendwann in den Neunzigern (?) bei einem bejubelten Relaunch die Linien abgeschafft und ganz auf Whitespace gesetzt. Zeit online machte es genau umgekehrt.

Nach einem zweiten Blick heute morgen, muss ich zugeben: Ich fühle mich dort wohler. Es ist übersichtlicher geworden. Dennoch stechen mir immer noch als erstes die Bilder ins Auge, die ich bereits in der gedruckten Zeit gesehen habe. Muss ich mich jetzt etwa auf die Suche nach dem exklusiven Zeit-online-Content machen?

Das ist und bleibt ein Manko von Zeit online: Es speist sich aus drei Quellen. Zu den Texten aus der gedruckten Zeit und den eigenen Stücken gesellen sich die rein nachrichtlichen Meldungen, die vom Tagesspiegel übernommen werden. Die Aufgabe der neuen Chefredaktion – zumindest aus meiner Sicht – ist, diese zu verschmelzen und jedem Leser nur das anzubieten, wofür er sich interessiert.

Für mich hieße das: Ich möchte auf der Startseite von Zeit online (meinetwegen nach einem Login oder auf einer speziellen Seite) einen Überblick über das aktuelle Tagesgeschehen haben (Tagesspiegel), angereichert durch Hintergrundstücke der Zeit-Redaktion (Zeit online exklusiv und Vorabmeldungen aus der gedruckten Zeit). Andere Leute möchten dagegen die Texte aus der gedruckten Zeit lesen, weil sie die Zeitung nicht kaufen. Auch die sollten sie weiterhin bekommen.