Wenn wir mit der Familie zusammensitzen, gibt es immer wieder ein Thema: das Zehnfingersystem. Meine Nichte hatte sich zu einem „Schreibmaschinenkurs“ angemeldet, dann aber den Arm gebrochen. Mein ältester Neffe entschuldigte sich gestern im Chat, dass er so langsam schreibt und viele Fehler macht (also mehr als sonst). Die alte Computer-Regel gilt immer noch: Man muss am Anfang Zeit investieren, um am Ende dauerhaft Zeit herauszubekommen.

Mitte der Neunziger, als ich lernte, mit zehn Fingern zu schreiben, habe ich den Rechner vor allem für Word genutzt. Die Röhrenmonitore flimmerten, bis die Augen schmerzten, nahmen viel Platz auf dem Schreibtisch weg und hatten einen breiten Rand, auf dem viele Zettel passten. Dort notierte ich mir die Shortcuts, die mir die Arbeit mit Word erleichterten.

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Selbstverständlich hatte ich auch eine Maus. Sie ist eine Lösung für die Unübersichtlichkeit, die mit immer mehr Programmen und immer mehr Funktionen entstand. Man kann gar nicht mehr alle Shortcuts kennen und würde viel Zeit verlieren, wenn man durch die Menüs mit den Pfeiltasten navigieren müsste.

Die Maus ist aber bloß eine Durchschnittslösung. Man verliert ebenfalls Zeit ? nur weniger. Um den ständigen Griff von der Tastatur zur Maus und zurück zu vermeiden, gibt es Launcher. Kleine Programme, über die man den Computer per Tastatur steuern kann.

Launcher können nicht alles, sie sind keine Konsole, kein Terminal. Sie bieten lediglich eine Reihe von Abkürzungen (Shortcuts) an und lernen dabei, welche man häufig nimmt, um diese dann direkt anzubieten ? sozusagen eine Abkürzung zur Abkürzung.

Bislang habe ich auf meinem Ubuntu-Rechner Gnome-Do genutzt. Gestern bin ich auf Kupfer umgestiegen. Dem Namen nach habe ich Kupfer für eine KDE-Anwendung gehalten, Kupfer läuft aber unter Linux unabhängig von der Distribution.

Ein Launcher kann nicht nur Anwendungen starten, sondern über Plugins auch andere Aufgaben übernehmen. In vielen Fällen kann ein Launcher den Datei-Manager ersetzen. Der Mediaplayer lässt sich steuern, eine Adresse nachschlagen, um damit dann das E-Mail-Programm zu starten.

Ich will gar nicht alles nutzen, sondern nur die Dinge, die ich häufig mache und mir bei einem Umstieg auf Kupfer Zeit sparen. Hier schlägt Kupfer auch Gnome-Do. Bei Gnome-Do dauerte es oft ein, zwei Klicks mehr. Viele Male landete ich auch in einer Sackgasse.

Um Kupfer zu starten, muss man Strg+Space tippen. Ich nutze dafür jetzt Caps-Lock. Das geht schneller und verhindert den lästigen Effekt, bei der Eingabe eines Passwortes aus Versehen Caps-Lock zu treffen und dann das gesternte Passwort dreimal einzugeben, weil man nicht sieht, dass man nur noch Großbuchstaben tippt. Um dann das Passwort zurücksetzen zu lassen und ein neues per E-Mail zu erhalten, um dann nach einigen Minuten zu merken, dass diese im Spamfilter hängengeblieben ist, weil witzige Russen meinten, massenhaft Mails in Namen des Cloud-Dienstes verschicken zu müssen … ihr wisst schon, genau so verschwendet man Zeit am Computer.

Jetzt tippe ich: Caps-Lock, E, Enter ? schon öffnet sich Evolution, mein Mail-Programm. Auch wenn es bereits im Hintergrund geöffnet ist, wechsel ich automatisch dorthin.

Das ist die eigentliche Erleichterung: Ich muss nicht mehr schauen, ob es bereits geöffnet ist. Ich muss nicht mehr nachdenken. Immer die gleiche Tastenkombination.

Gnome-Do kann das nicht. Bei Alt+Tab muss man immer schauen, ob das gesuchte Programm überhaupt dabei ist und an welcher Stelle in der Reihe es sich gerade befindet. Der Griff zur Maus scheint nur schnell zu sein.

Kupfer ersetzt auch einige Tastenkombinationen, bei denen man ordentlich die Finger spreizen muss: Alt+Funktionstaste den ganzen Tag lang ist nicht wirklich angenehm.

Kleine Probleme wollen allerdings noch gelöst werden. So greift Kuper noch nicht korrekt auf meine Bookmarks zu ? wobei ich gerade mit dem Minefield unterwegs bin. Das ist der Firefox 4 beta mit Nightly Builds. Mit dem richtigen Firefox 4 wird das Problem wohl behoben sein.

Und ich kann bei der Umbenennung von Dateien keine Leerzeichen eingeben (aber auch das geht bestimmt irgendwie).